Carl Lampert
Carl Lampert (* 9. Januar 1894
in Göfis; † 13. November 1944
im Zuchthaus „Roter Ochse“ in Halle (Saale)) war ein katholischer
Priester,
der von den Nationalsozialisten hingerichtet wurde. Er war Provikar des Tiroler Teils der Apostolischen
Administratur Innsbruck-Feldkirch. Am 13. November 2011 wurde er in
der Stadtpfarrkirche
St. Martin in Dornbirn von Kardinal Angelo Amato seliggesprochen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Leben
- 2 Wirkung und Seligsprechungsprozess
- 3 Gedenken
- 4 Film
- 5 Literatur
- 6 Weblinks
- 7 Einzelnachweise
Leben
Kindheit und Jugend
Carl Lampert
wurde am 9. Januar 1894 als jüngstes von sieben Kindern des Bauern Franz Xaver
Lampert und dessen Frau Maria Rosina Lampert geboren. Er war Schüler der
Volksschule in Göfis und des staatlichen Gymnasiums in Feldkirch. Obwohl sein Vater früh starb, konnte
Lampert dank der Förderung eines Onkels die Schule weiter besuchen. Nach der im
Jahr 1914 abgelegten Matura trat Lampert im Herbst
desselben Jahres in das Fürsterzbischöfliche Priesterseminar in Brixen ein, wo er am 12. Mai 1918 von Bischof Franz Egger
zum Priester
geweiht wurde. Am 26. Mai 1918 feierte er seine Primiz.
Er war
Mitglied der Feriensippe Raetia Rankweil.[1]
Werdegang
Carl Lampert
begann sein Wirken als Kaplan in Dornbirn, wo er sich vor allem um die
Jugendarbeit bemühte. Im Jahr 1930 zog er mit der finanziellen Unterstützung
von Bischof Sigismund Waitz
nach Rom, um dort das Studium des Kirchenrechts aufzunehmen. Er bezog sein Quartier
im Collegio
Teutonico di Santa Maria dell’Anima, wo er bis 1935 lebte und
als Sekretär an der Römischen Rota arbeitete. Im Jahr 1935 wurde er
in den Rang eines Advokaten erhoben und zum Monsignore ernannt.
Am 1.
Oktober 1935 trat Lampert seine Stelle in der Apostolischen Administratur
Innsbruck-Feldkirch an. Hier sollte er auf Geheiß von Weihbischof
Waitz den Aufbau des kirchlichen Gerichts überwachen, eine eher administrative
Aufgabe. Auch war er Geistlicher im Innsbrucker Priesterseminar sowie ab 1936
Präsident des katholischen Verlagshauses Tyrolia. Mitte der 1930er Jahre war Lampert
kurzzeitig als möglicher Nachfolger von Waitz im Gespräch, doch Papst Pius XI. entschied anders und ernannte am 15.
Oktober 1938 den jüngeren Geistlichen Paulus Rusch zum Apostolischen Administrator.
Lampert wurde am 15. Januar 1939 zum Provikar ernannt und somit zu Ruschs
Stellvertreter.
Im Nationalsozialismus
Gauleiter Franz Hofer
verfolgte in Tirol-Vorarlberg
eine rigorose Politik gegen die Kirchen. Dagegen trat Lampert wiederholt
öffentlich ein. Der Führerbefehl, wonach
Bischöfe von der NS-Gerichtsbarkeit nicht zu belangen seien, schützte Lampert,
den Stellvertreter des Bischofs, nicht.
Hofer ließ
Klöster schließen und Ordensleute verhaften, darunter im November 1938 das Canisianum
und in den ersten Märztagen des Jahres 1940 auch das Kloster der Ewigen
Anbetung in Innsbruck. Da die Nonnen
sich den Anordnungen widersetzten, machte Hofer Provikar Lampert dafür
verantwortlich und ließ ihn am 4. März 1940 festnehmen. Nach zehn Tagen Haft im
Polizeigefängnis Innsbruck-Adamgasse wurde Lampert am 14. März 1940
wieder auf freien Fuß gesetzt.
Ein Bericht
in Radio Vatikan, der am 23. März 1940 in deutscher Sprache
gesendet wurde, in dem die Situation der Kirche und die Repressalien des
NS-Regimes gegenüber den Geistlichen in der Diözese Innsbruck zur Sprache
kamen, brachte Provikar Lampert erneut ins Gefängnis. Die Gauverwaltung
vermutete in Lampert einen Spitzel für die Vatikanstadt. Allerdings kam er erneut nach
relativ kurzer Zeit wieder frei.
Beim
nächsten Mal hatte Lampert jedoch weniger Glück. 1939 war der Pfarrer von Götzens, Otto Neururer, ins KZ Dachau deportiert worden. Lampert hatte
vergeblich versucht, Neururer freizubekommen, zumal sein Kollege gesundheitlich
angeschlagen war. Am 30. Mai 1940 wurde Neururer im KZ Buchenwald ermordet. Das Regime sandte
Neururers Asche nach Götzens mit dem Ziel, diese anonym zu bestatten. Als
Lampert jedoch eine Todesanzeige in einer Kirchenzeitung veröffentlichen ließ,
in der auch Neururers Todesort angeführt wurde, ließ man ihn am 5. Juli 1940 wegen
Verstoßes gegen die NS-Geheimhaltungsvorschriften erneut verhaften.
Carl Lampert
wurde am 25. August 1940 nun auch nach Dachau deportiert. Am 1. September 1940
folgte der Transport ins KZ Sachsenhausen bei Berlin. Hier wurde er der Strafkompanie
zugeteilt, einem Trupp, in dem er harte körperliche Arbeit verrichten musste.
Dennoch hielt er an seinem Glauben fest, wie ein Treffen Lamperts mit dem
ebenfalls in Sachsenhausen inhaftierten Innsbrucker Caritasdirektor Josef
Steinkelderer beweist. Dieser flüsterte Lampert zu: Martyres
sumus (Märtyrer sind wir), worauf Lampert antwortete: In Christi nomine
pro ecclesia (Im Namen Christi für die Kirche).
Nach drei
Monaten in Sachsenhausen wurde Lampert am 15. Dezember 1940 zurück nach Dachau
deportiert, wo er noch weitere acht Monate inhaftiert blieb. Am 1. August 1941
wurde er zwar freigelassen, wurde jedoch mit einem Betretungsverbot des
Reichsgaus Tirol-Vorarlberg
belegt.
Lampert zog
daraufhin am 16. August 1941 nach Stettin, wo er im Carolusstift erneut als
Seelsorger wirkte. Auch arbeitete er als Geistlicher in einem Lazarett, in Swinemünde und in Parchim.
Was Lampert
jedoch nicht wusste, war, dass die Gestapo einen Spitzel auf ihn angesetzt
hatte. Ingenieur Georg Hagen gab sich als nazifeindlicher und
tiefreligiöser Mensch auf der Suche nach Spiritualität aus. In Bibelstunden und
Diskussionsrunden erschlich er sich das Vertrauen von Lampert. In Wahrheit
handelte es sich jedoch bei Hagen um Franz Pissaritsch, einen Anwärter
um die Aufnahme in die Waffen-SS. Pissaritsch
versuchte Lampert zu Aussagen gegen das NS-Regime zu bewegen, worauf Lampert
jedoch kaum einging. Als er nach einigen Monaten Spionagetätigkeit noch keine
konkreten Beweise sammeln konnte, konstruierte Pissaritsch ein Komplott, wonach
Carl Lampert Feindsender abgehört hätte und durch Aussagen die Wehrkraft
zersetzt hätte.
Dieses
Protokoll war die Grundlage zu einer Verhaftungswelle („Fall Stettin“), bei der
am 4. Februar 1943 etwa 40 Geistliche und Ordensschwestern verhaftet wurden,
darunter auch Carl Lampert. In den kommenden Monaten wurde Lampert intensiven
Verhören und Folterungen unterworfen. Zwei Auszüge aus den Protokollen zeugen
von Lamperts Standhaftigkeit.
- Vorsitzender Trettin: „Herr Lampert, sind Sie doch vernünftig, verlassen Sie die Kirche und das Priestertum. Das ist doch alles nur Hokuspokus. Zeugen Sie Kinder für den Führer Adolf Hitler. Ich werde Ihnen einen guten Posten verschaffen!“
- Lampert: „Herr Kommissar, ich liebe meine Kirche. Ich bleibe meiner Kirche treu und auch dem Priesteramt: Ich stehe für Christus und liebe seine Kirche!“
- Frage: „Was schätzen Sie höher: das Evangelium oder Hitlers ,Mein Kampf‘?“
- Lamperts Antwort: „Das Evangelium ist Gottes Wort und verkündet die Liebe. Das Buch des Herrn Hitler ist das Werk eines Menschen und predigt den Hass!“
Der Prozess
gegen Lampert und zwei weitere Priester, Pater Friedrich Lorenz
und Kaplan Herbert Simoleit,
wurde im Dezember 1943 vor dem Reichskriegsgericht
in Halle (Saale) eröffnet. Selbst vor Gericht
erschien SS-Mann Pissaritsch unter seinem falschen Namen Ingenieur Hagen,
um durch seine Aussagen die Anklage zu bekräftigen.
Lampert
wurde am 20. Dezember 1943 erstmals für schuldig befunden. Wegen
gerichtsinterner Streitigkeiten – es gab Richter, die sich für die Todesstrafe
aussprachen, andere plädierten wegen Lamperts Glauben für eine lange Haftstrafe
– wurde das Todesurteil nicht unterzeichnet. Am 14. Januar 1944 wurde der
Prozess an das Reichskriegsgericht in Torgau delegiert, wohin Lampert deportiert wurde.
Sieben Monate verbrachte er nahezu in Isolationshaft. Das in Halle gefällte
Urteil wurde am 27. Juli 1944 in allen Punkten bestätigt. In der Nacht, bevor
Generalstabsrichter Werner Lueben das
Urteil hätte unterzeichnen müssen, beging dieser am Morgen des 28. Juli 1944 Suizid. Eine seiner letzten Aussagen war:
- Lueben: „Es handelt sich in diesem Fall weder um ‚Verbrecher‘ noch um ‚asoziale Elemente‘. Ihre einzige Tragik ist es, dass sie katholische Priester sind!“
Mit neuen
Richtern versehen kam es zu einem dritten Prozess gegen Lampert, bei dem er am
8. September 1944 mit Pater Friedrich Lorenz und Kaplan Herbert Simoleit erneut
zum Tod verurteilt wurde.
Am 13.
November 1944 wurden Lampert und die mit ihm Verurteilten ins Zuchthaus Roter Ochse nach Halle gebracht. Hier wurde er um
16 Uhr durch das Fallbeil hingerichtet.
Die Urne mit
seiner Asche wurde zunächst in Halle beigesetzt und erst nach dem Krieg, 1948,
in seine Vorarlberger Heimatgemeinde Göfis überstellt.
Wirkung und Seligsprechungsprozess
Das
Katholische Bildungswerk Vorarlberg organisiert seit 2005 im ORF Vorarlberg-Landesfunkhaus in Dornbirn die
Provikar-Lampert-Akademie.[2]
Im Jahr 1997
leitete die Diözese Feldkirch
ein Seligsprechungsverfahren für Provikar Lampert ein. Am 21. Juni 2011 empfahl
die Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse
dem Papst, Carl Lampert seligzusprechen.[3] Papst Benedikt XVI. folgte dieser Empfehlung und
unterschrieb am 27. Juni 2011 das Dekret, mit dem das Martyrium Lamperts
anerkannt und die Seligsprechung genehmigt wurde. Die offizielle „Erhebung des
Seligen zur Ehre der Altäre“ fand am 13. November 2011 in der Stadtpfarrkirche
St. Martin in Dornbirn im Rahmen einer feierlichen heiligen Messe statt. In der Dornbirner
Pfarrgemeinde St. Martin hatte Lampert in jungen Jahren seine Priestertätigkeit
als Kaplan begonnen. Am 11. November 2012 wurde die Seitenkapelle der
Pfarrkirche St. Martin nach Lampert benannt. In derselben Feier wurde der von Hubert
Matt gestaltete Carl-Lampert-Denkort Layer übergeben.[4]
Gedenken
Gedenktafel
der Märtyrer der NS-Zeit in der Krypta der Sankt-Hedwigs-Kathedrale in
Berlin-Mitte
- An sein Schicksal erinnern Gedenktafeln in der Sankt-Hedwigs-Kathedrale in Berlin-Mitte.
- Denkmal auf dem Südfriedhof in Halle (Saale) und bei der Heilig-Kreuz-Kirche in Halle[5]
- Er ist Namenspatron des Gemeindeverbundes Katholische Pfarrei Carl Lampert in Halle.[6]
- Er ist Patron der katholischen Studentenverbindung K.D.St.V. Rheno-Saxonia (Köthen) zu Halle im CV.
Film
- Bettina Schimak: Zeuge in einer dunklen Zeit. Carl Lampert. Dokumentation, 19 Minuten, ORF 2001.
Literatur
- Richard Gohm (Hrsg.): Selig, die um meinetwillen verfolgt werden. Carl Lampert – ein Opfer der Nazi-Willkür 1894–1944. Tyrolia, Innsbruck 2008, ISBN 978-3-7022-2961-0.
- Gaudentius Walser: Carl Lampert. Ein Leben für Christus und die Kirche 1894–1944. Vorarlberger Verlags Anstalt, Dornbirn 1964.
- Gaudentius Walser (Hrsg.): Dreimal zum Tod verurteilt. Dr. Carl Lampert, ein Glaubenszeuge für Christus. Christiana, Stein am Rhein 1985, ISBN 3-7171-0879-4.
- Werner Kunzenmann (Red.): Zeuge in gnadenloser Zeit. Provikar Dr. Carl Lampert. Dokumentation. Hrsg. durch die Diözese Feldkirch, Verlag Kirche, Innsbruck 1999, ISBN 3-9014-5058-4.
- Susanne Emerich (Hrsg.): Hätte ich nicht eine innere Kraft ... Leben und Zeugnis des Carl Lampert. Mit Briefen von Carl Lampert. Tyrolia-Verlag, Innsbruck 2011, ISBN 978-3-7022-3164-4.
- Klaus Gasperi (Hrsg.): Carl Lampert. Die Seligsprechung. Herausgegeben im Auftrag der Katholischen Kirche Vorarlberg. Bucher Verlag, Hohenems 2012, ISBN 978-3-99018-121-8.
Weblinks
Commons: Carl Lampert – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Literatur von und über Carl Lampert im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Christof Thöny: Ausführliche Biografie bei der katholischen Kirche Vorarlberg, 23. Juli 2009
- Provikar Dr. Carl Lampert (Memento vom 6. Januar 2009 im Internet Archive) Ausführliche Biografie, ursprünglich auf pfarre-goefis.com.
- Eintrag zu Carl Lampert im Austria-Forum (Biographie)
- Kurzbiografie der Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Einzelnachweise
· · Acta Studentica, Folge 178, Dez.
2011, S. 11f
· · Geistliche (Südfriedhof) (Memento vom 24.
September 2015 im Internet Archive),
in: Halle im Bild
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